Pflege als Politikum

FairCare muss endlich Schule machen!

Bei der Sitzung des Fachausschusses Verbände am 29.01.2018 wurde debattiert, nachgefragt und viel gefordert. Als Referentin kam Renate Zäckel, die in die Arbeit von FairCare eingebunden ist. Außerdem wurde Sie von einer der Betreuungskräfte, die bei FairCare beschäftigt sind begleitet. Sie berichtete aus erster Hand von ihrer Erfahrung im Betreuungssektor. FairCare startete 2011 als gemeinsames Projekt von EFW, dem DWW und dem vij. Seit Projektende 2014 läuft das Projekt unter dem Schirm des vij weiter. Das Projekt war die Antwort auf die unbefriedigende Situation im ambulanten Betreuungssektor. FairCare sollte als Best-Practice Bespiel dienen und Lobbyarbeit für neue Ansätze und Bemühungen in der Politik machen. Als Best-Practice Beispiel dient FairCare auch heute noch. Gemeinsam mit CariFair sind sie noch immer die einzigen fairen Vermittler von osteuropäischen (und anderen) Betreuungskräften. Das liegt insbesondere an der politischen Gleichgültigkeit. Das Interesse, illegale Beschäftigungsverhältnisse aufzulösen und faire Arbeitsbedingungen für alle zu schaffen, ist offenbar sehr gering. An diesem Alleinstellungsmerkmal liegt es auch, dass FairCare heute teils bundesweit vermittelt, obwohl eine Konzentration auf die Region die Arbeit deutlich erleichtern würde. FairCare vermittelt und berät sowohl Haushalte, die eine Betreuungskraft einstellen wollen als auch die Betreuungskräfte, die hier arbeiten wollen. Bewusst werden die (in der Regel) Frauen hier nach deutschem Arbeitsrecht angestellt, so dass sie eine faire Bezahlung sowie eine passende Kranken- und Rentenversicherung haben. Bis heute ist aber die gesetzliche Lage so, dass es legal ist, Frauen zu entsenden und dann nach den Gesetzen und Regelungen des Gastlandes zu bezahlen und abzusichern, obwohl die Frauen in Deutschland in deutschen Haushalten arbeiten. Ebenfalls fehlt der Blick für die Not in den Herkunftsländern der Frauen: auf der einen Seite können die Frauen hier ein guten Einkommen haben und Geld nach Hause schicken, auf der anderen Seite bleiben Kinder ohne Mütter und Väter zurück und sind auf sich alleine gestellt. Das sind die sogenannten Eurowaisen. Unser Bedarf an Haushaltkräften muss also kritischer betrachtet werden als nur aus der Perspektive, dass im Vergleich zum Heimatland der Verdienst hoch ist. Pflege ist auch Teil der aktuellen Koalitionsverhandlungen. Allerdings fehlt bislang der Wille, mit angemessenen Geldinvestitionen und nachhaltigen finanziellen Veränderungen die Arbeit vom Pflege- und Betreuungskräften stärker wertzuschätzen. Die Veränderung soll kommen, aber nicht auf Kosten des staatlichen Haushalts. Das bedeutet, die Kosten trägt am Ende jede und jeder selbst, aber ganz besonders die Frauen im Pflegesektor. Das muss ein Ende haben. Klare gesetzliche Regelungen für die ambulante Versorgung sind überfällig. Haushalte und Betreuungskräfte bewegen sich in einem Graubereich, der absichtlich undurchsichtig gehalten wird, da für eine Aufrechterhaltung des Systems auch die illegalen Beschäftigungsverhältnisse notwendig sind. Dazu kommt: Eine Pflegeversicherung deckt nur einen kleinen Teil des tatsächlichen Pflegebedarfs ab. Hier ist eine erste Stellschraube: genau wie eine Krankenversicherung, sollte eine Pflegeversicherung kostendeckend und höchstens mit kleinen Zuzahlungen arbeiten. Weiterhin wir im Pflegesektor meist nur der Mindestlohn (wenn überhaupt) gezahlt. Das ist ein Ausdruck, welchen Stellenwert Pflege in Deutschland hat. Es ist auch der Grund, weshalb kaum Männer in diesem Arbeitssektor zu finden sind. Unsere Gesundheit und Versorgung muss auch der Politik mehr wert sein! Außerdem muss neben dem Lohn auch die Anerkennung für diese wichtige Arbeit höher werden. Dafür bedarf es von Seiten der Politik einen radikalen Kurswechsel statt schnöder Lippenbekenntnisse.